Die Behauptung, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit „mit der Wurzel
ausgerottet“ zu haben, war ein zentraler Bestandteil des politischen
Selbstverständnisses der DDR. Nach Darstellung der Staatspartei SED
begegneten Regierung und Bevölkerung der DDR allen Mitgliedern
der Arbeiterklasse im Geiste der Völkerfreundschaft. Als sich die DDR
Anfang der 1960er Jahre aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen
sah, Arbeitskräfte aus dem Ausland anzuwerben, die zunächst aus
Osteuropa, bald auch aus Lateinamerika, Afrika und Asien kamen,
wurden die Thesen von Antirassismus und Völkerfreundschaft auf die
Probe gestellt.
Mit Hilfe eines diskursanalytischen Ansatzes untersucht
diese Studie, wie das Ideal der Völkerfreundschaft sowohl in
der Auseinandersetzung von Bürgern mit dem Staat als auch in
parteiloyalen Kreisen verhandelt, instrumentalisiert und verändert
wurde. Die Studie geht damit über den ideologiekritischen Ansatz
der bisherigen Forschung hinaus und analysiert den Umgang von
Behörden, Betrieben und Bürgern der DDR mit dem herrschenden
Diskurs.
Die Studie ist ein Beitrag zur Migrationsgeschichte wie auch zur
Mentalitäts- und Alltagsgeschichte der DDR.